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Abgas-Skandal: Lkw-Hersteller warnen vor Abgas-Manipulation


Auf dem Ersatzteilmarkt angebotene Geräte, die ein Umgehen der Abgas-Kontrollsysteme bei Lkw ermöglichen, müssen verboten werden. Das haben die Lkw-Produzenten im Verband der Europäischen Automobil-Hersteller (ACEA) in einer Erklärung gefordert. Die EU und ihre Mitgliedstaaten müssten die Werbung für solche Geräte, die das Entfernen wichtiger Teile der Abgas-Kontrolle ermöglichen, und deren Verkauf verbieten, verlangen die Unternehmen. Außerdem müssten verstärkt Polizeikontrollen durchgeführt werden, um den Spediteuren klarzumachen, dass die Nutzung solcher Geräte mit empfindlichen Strafen verbunden sei und dass ihre Fahrzeuge dann so behandelt würden, als seien Sicherheitssysteme defekt.

Es geht um die Zugabe von „AdBlue“, das zur Reduzierung des Stickoxid-Ausstoßes (NOx) bei Dieselfahrzeugen benötigt wird. Aufgeschreckt wurden die Hersteller durch jüngste Medienberichte, nach denen Spediteure „AdBlue-Emulator“-Geräte einbauen, um das Einspritzsystem von AdBlue zu umgehen oder zu stoppen. Solche Geräte würden auf zahlreichen Web-Seiten in verschiedenen EU-Staaten und außerhalb der Union zu unterschiedlichen Preisen angeboten. Ihr Einsatz erspare den Spediteuren die Kosten für das Nachfüllen von AdBlue zu Lasten der Umwelt, heißt es in der Erklärung. Außerdem könnten sie so in den Genuss niedrigerer Autobahngebühren und anderer Vorteile kommen, weil sie offiziell ein Euro 6-Fahrzeug betreiben, obwohl dies in der Praxis die Bedingungen dafür nicht erfülle. Die Lkw-Hersteller verurteilten die Werbung für solche Geräte, deren Verkauf und Nutzung auf das Schärfste, stellte ACEA-Generalsekretär Erik Jonnaert fest. Sie hätten viel Geld in komplexe Abgas-Kontrolltechnologie investiert, die extrem saubere Schwerlast-Fahrzeuge liefere.

In der Erklärung wird darauf verwiesen, dass der ACEA die EU-Kommission und die Mitgliedstaaten bereits 2012 vor solchen Geräten gewarnt habe, ohne dass dagegen etwas unternommen worden sei. Dennoch sehen Beobachter in Brüssel den jetzigen Vorstoß auch im Zusammenhang mit der Aufarbeitung des VW-Abgas-Skandals. Da hat der Untersuchungsausschuss des Europaparlaments jetzt seinen Abschlussbericht vorgelegt. Die Abgeordneten geben darin der EU-Kommission und den Mitgliedstaaten eine erhebliche Mitschuld an den jahrelangen Manipulationen der Abgas-Werte bei dem Wolfsburger Konzern: „Geschludert, verschleppt und weggeschaut“, fasste der Sozialdemokrat Ismail Ertug die Resultate des Ausschusses zusammen. „Wir haben etliche Schwachstellen gefunden, die den Abgas-Skandal begünstigt haben“, stellte er fest. Dazu zählten insbesondere „der veraltete und komplett realitätsferne Labortest“, dessen Überarbeitung die Mitgliedstaaten und die EU-Kommission verzögert hätten. Einige Mitgliedstaaten hätten zudem geltende EU-Vorschriften nicht angewandt und umgesetzt. Weil die EU-Kommission dies sehr lax bis gar nicht überprüft habe, sei eine Atmosphäre entstanden, die Betrügereien Vorschub geleistet habe.

Die Arbeit des Ausschusses habe auch die Notwendigkeit deutlich gemacht, bei der Gesetzgebung im Umweltbereich intelligenter vorzugehen, fügte der Christdemokrat Krišjānis Kariņš hinzu. Die angehörten Experten hätten festgestellt, dass sich die EU zu sehr auf Klimapolitik und insbesondere die Reduzierung des Treibhausgases CO2 konzentriert habe. Im Gegenzug seien höhere Emissionen der hochgiftigen Stickoxide durch Dieselfahrzeuge in Kauf genommen worden. „Dieser Tunnelblick war schädlich“, stellte Kariņš fest. „Wir müssen deshalb in unserer Politik intelligenter sein, keine unrealistischen Ziele setzen und nicht bestimmte Technologien ausschließen.“

Umweltorganisationen gehen noch weiter als die Abgeordneten: „Diesel-Gate“ sei das Ergebnis einer unternehmensgesteuerten Deregulierung gewesen, stellen Corporate Europe und Friends of the Earth in einer gemeinsamen Erklärung fest. Zusammen haben die beiden Organisationen einen eigenen Bericht zu den Ursachen des Abgas-Skandals vorgelegt. Und die sehen sie vor allem in dem Programm der EU-Kommission für „Bessere Regulierung“: Als Teil dieser Agenda sei die Autoindustrie sogar eingeladen worden, sowohl Regelungen als auch deren Durchsetzung selbst zu gestalten, lautet die Schlussfolgerung ihres Berichts. Der zeige auf, wie ein wichtiger Beraterausschuss über die Regulierung der Autoindustrie jahrelang durch Industrievertreter dominiert worden sei und die EU-Abgasregeln auf lange Sicht verzögert und verwässert habe.

Gemeinsam ist beiden Berichten, dass sie die Probleme bei Weitem nicht alleine bei dem Volkswagen-Konzern sehen. Die klare Distanzierung der Lkw-Hersteller von – nachträglich eingebauten – Geräten zur Umgehung der Abgas-Kontrollsysteme ist sicher auch vor diesem Hintergrund zu verstehen.


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