Wohin mit den Kapazitäten, wenn die Wirtschaft verschnupft ist?
Der Ausbruch begann langsam, zunächst kaum bemerkt. Dann war es ein Problem Chinas. Die Einschläge kamen näher, bis die Krankheit vor der eigenen Haustür zu wüten begann. In wirtschaftlich ohnehin schwierigen Zeiten hat das Corona-Virus die Hebel zu massiven Problemen umgelegt. Die Auswirkungen auf die heimische wie auch die internationale Transportwirtschaft sind extrem.
Mit welcher Lebensweise und welchen Vorsichtsmaßnahmen man die Gefahr einer Ansteckung verringern kann, wurde inzwischen viele Male wiederholt. Nach den Empfehlungen kamen die Anordnungen und Schließungen, inzwischen werden die Maßnahmen in vielen Ländern zurückgenommen. Tschechien etwa hat dieser Tage überraschend die Reisebeschränkungen gelockert, in Österreich wird die Wirtschaft bereits wieder hochgefahren. Längst aber ist mehr als der einzelne Mensch erkrankt – das ganze Wirtschaftsleben ist seit Anfang März zunehmend beeinträchtigt. Dabei ist deutlich zu erkennen: Die unmittelbaren Beeinträchtigungen gehen absehbar dem Ende zu. Die substanziellen und langfristigen Schäden werden indessen erst nach und nach festgestellt.
Die Situation im Lkw-Verkehr
So ist zB der Lkw-Verkehr in Österreich im März 2020 nach einem durch Panikkäufe beflügelten Anstieg (+2 % vom 9. bis 15. März) um 27 % zurückgegangen. Das ist auch deshalb sehr interessant, weil sich daraus Schlüsse für die Konjunkturentwicklung ziehen lassen. Es waren nicht nur weniger Fahrzeuge unterwegs, sondern es hat sich auch die Menge an Transportgut vermindert. Auch die Containerumschläge gehen bereits seit Wochen zurück. Eine der Ursachen lag in der Entwicklung in China. Doch die Corona-Krise trifft die Weltwirtschaft zu einem Zeitpunkt, wo sie ohnehin bereits am Schwächeln ist.
Keine staatliche Zuschusszahlung kann darüber hinwegtäuschen, dass der volkswirtschaftliche Schaden immens ist. Zumal sämtliche Rettungsgelder ja von irgendwem zu bezahlen sind – sie bleiben als Schulden wirksam. Jenseits volkswirtschaftlicher Zahlenspiele treffen die Auswirkungen der Corona-Pandemie und vor allem der staatlich verordneten Vollbremsung unserer Wirtschaft konkret Unternehmen, ihre Inhaber, ihre Angestellten, ihre Kreditgeber, ihre Kunden und ihre Geschäftspartner. Schon rollt eine erste Schließungswelle heran. Monats- und Quartalszahlen von Unternehmen lassen immer deutlicher erkennen, wie schlimm die Lage wirklich ist.
Maßnahmen angemessen?
Zugleich wird immer lauter darüber diskutiert, ob die getroffenen Maßnahmen angemessen und richtig waren bzw. sind und wie weit die Regierungen ihren verfassungsmäßigen Handlungsrahmen überschritten und in die Grundrechte der Menschen eingegriffen haben. Natürlich muss man in einer akuten Seuchensituation schnell und konsequent handeln, um Schaden abzuwehren. Aber die gesetzten Maßnahmen müssen permanent besprochen und sofort, wenn es richtig ist, auch wieder zurückgenommen werden. Ist dies nicht der Fall, braucht man sich über das Sprießen von Verschwörungstheorien nicht zu wundern.
Menschen verlieren ihre Einkünfte, Firmen gehen in die Insolvenz, Anschaffungen werden verschoben, die Mobilität ist eingebrochen. In umgekehrter Richtung wirkt sich das Abreißen der Lieferketten auf eine hochgradig arbeitsteilige Wirtschaftsweise aus, indem es allerorten an Zutaten und Halbfabrikaten fehlt. Die Spitze dieses Effekts wurde für die Zeit ab Mitte März prognostiziert. Auch wenn der große Zusammenbruch tatsächlich ausgeblieben ist, hat sich das Leben für Menschen und Unternehmen sehr deutlich verändert.
Zum Beispiel für Menschen, die im Transportwesen beschäftigt sind. Zwar ist es nicht so, dass die Arbeit weggebrochen wäre. Aber eine ohnehin nicht einfache Arbeit wurde durch die Seuche noch schwerer. Lkw-Fahrer haben nicht nur unter dem Preisverfall zu leiden, sondern sind auch mit inzwischen unzumutbaren Bedingungen an den Autobahnraststätten konfrontiert. Einerseits sind zahlreiche Raststätten geschlossen, und das betrifft natürlich auch die Sanitäreinrichtungen, andererseits haben auch viele Firmen ihre Toiletten dichtgemacht und stattdessen Toilettenhäuschen aufgestellt.
In der Kabine allein
Obwohl seit Ausbruch der Krise überall gepredigt wird, dass man sich möglichst oft die Hände waschen soll, haben zahlreiche Unternehmen ihre Angebote zum Duschen und Händewaschen eingestellt. Der Witz an der Sache liegt darin, dass die Lkw-Fahrer sowieso in höchster Distanzierung arbeiten – jeder ist in seiner Kabine allein, ein Kontakt zu Infizierten ist äußerst unwahrscheinlich. Und es ist ein Armutszeugnis für entwickelte Industrienationen, wenn sich dann erst die Logistikverbände, Vertreter der Industrie und das Verkehrsministerium umständlich darauf verständigen müssen, mobile Toilettenanlagen und Duschcontainer heranzuschaffen, die dann an Logistikzentren, Autobahnen und Parkplätzen zur Verfügung stehen sollen. Wer schnell Abhilfe schafft, beispielsweise Tank & Rast mit 360 Standorten in der Bundesrepublik Deutschland, macht sich bei den Fernfahrern unvergessen. Duschen ist aber eines, die Einnahmensituation ein anderes. Der drastische Auftragsrückgang hat zu Preisverfall und Konkurrenz geführt. Zeitweise wurden Preise angeboten, mit denen sich der geltende Mindestlohn nicht bezahlen lässt. Dem Nachfrageeinbruch steht ein deutliches Überangebot an Fahrzeugen gegenüber. Hinzu kommt die Wiederkehr der Ellbogenmentalität im internationalen Warenverkehr: Ausländische Konkurrenten halten sich nicht an geltende Bestimmungen, teilweise wurde Transitfracht durch Regierungsstellen festgehalten und das Transportgut – Stichwort Mundschutz – in das nationale Gesundheitswesen umgeleitet. Damit sei nichts gegen nationale Interessen gesagt, wohl aber gegen einen ideologisch aufgeladenen Internationalitätswahn, der buchstäblich bei der ersten Krise in Trümmer gegangen ist. Hierzu passt auch der Befund, dass von keiner einzigen EU-Stelle irgendein konstruktiver Beitrag zur Lösung des Corona-Problems zu vernehmen war. Hier wäre ein koordinierendes Eingreifen dieses Regulierungsmonsters hilfreich gewesen, das sich sonst die Zeit damit vertreibt, die Saugleistung von Staubsaugern zu begrenzen oder Glühbirnen zu verbieten.
Wirtschaftseinbruch in Wellen
Ganze Länder kippten in die Quarantäne, als erstes europäisches Land Italien am 10. März. Meldungen über Einschränkungen erscheinen mittlerweile täglich: Zuerst fuhren die Fluglinien ihre Aktivitäten herunter, auch der Passagierschiffsverkehr ging, vor allem aufgrund des erschreckenden Schicksals des Kreuzfahrtschiffes „Diamond Princess“, sehr deutlich zurück. Wegen der Situation in Italien schloss Österreich am 10. März seine Grenze zum südlichen Nachbarland für Lkw aus Italien. Was sich aus Sicht der heimischen Frächter vorteilhaft anhört, erweist sich als ungünstig: Denn die Kollegen aus dem Süden liefern unter anderem Güter, die bei uns weiterverarbeitet und dann auch weitertransportiert werden. Und sofort wurde in Italien die Forderung vernehmbar, es den Österreichern gleichzutun und die eigene Grenze gleichfalls für Lastwagen mit österreichischen Absendern zu schließen. Dagegen nahmen sich die sanften Temperaturmessungen der tschechischen Grenzschützer geradezu harmlos aus. Kurz darauf war die Grenze zu.
Vor dem Scherbenhaufen
Jetzt lockert sich alles wieder spürbar. Doch etliche Branchen werden noch lange mit den Folgen der Corona-Krise zu kämpfen haben, so etwa die Sparte der Reiseunternehmen. Schätzungen zufolge werden Busbetriebe bis Ende Juni völlig ohne Umsatz dastehen. Diese Unternehmen wurden Mitte März von den Schulschließungen kalt erwischt. Seither wurde es noch schlimmer: Teilweise wurden Staatsgrenzen geschlossen, die Menschen sollen zuhause bleiben, Versammlungen wurden verboten, Busreisen kommen überhaupt nicht infrage. In mehr oder weniger weiser Voraussicht haben die Menschen ihre Sommerreisen storniert oder gar nicht erst gebucht. Der gesamte Reiseumsatz bis Ende der Sommersaison droht ersatzlos auszufallen. Prospekte und Kataloge waren bereits entwickelt, Reiseziele ausgesucht, Konditionen ausgehandelt. All das – und da steckt natürlich auch bezahlte Arbeit drin – verfällt wertlos. Das muss man erst einmal wegstecken, wenn man seine Busflotte geleast hat oder Firmenkredite bedienen muss. Und die Folgen dieser Branchen-Vollbremsung liegen auf der Hand: Es wird selbstverständlich eine Welle von Firmeninsolvenzen auf uns zukommen. Das Verschwinden von 20 bis 30 % der Reisetransportunternehmen werden im nächsten Schritt alle Reisenden zu spüren bekommen, denn in einem derart ausgedünnten Markt werden die Angebote zurückgehen und die Preise steigen. Busreisen werden deutlich teurer werden. Allein die Firma Buchinger aus Pinsdorf hat 650 Reisen mit etwa 1.500 Gästen ausgebucht. Die meisten von ihnen haben Gutscheine akzeptiert, trotzdem ist die Situation nicht einfach. Der Fuhrpark mit 19 Fahrzeugen steht still, verursacht aber laufende Kosten, ebenso wie Mieten, Lizenzgebühren und Arbeitsverträge. Von den 25 Mitarbeitern wurden 14 zur Kurzarbeit gemeldet, die anderen elf genießen Frischluft. Es ist nur eine Frage der Zeit, wann mittelständische Unternehmen in dieser bedrohlichen Situation in Existenznot geraten. Und die Politik hilft natürlich auch nur auf Pump. Beispielsweise bezahlt das Land die Schülerbeförderung weiter, der Bund springt mit Finanzhilfen ein. Aber dadurch wird die Staatsverschuldung tendenziell weiter steigen und – bei Drucken neuen Geldes – die Währung weiter entwertet.
Transportunternehmen werden weniger
Auch wenn die Nothilfen in der Akutsituation über Wohl und Wehe der Unternehmen entscheiden, wird die Wiederherstellung „normaler“ Verhältnisse wesentlich dafür sein, wie es mit unseren Wirtschaftsbetrieben weitergeht. Es wird damit gerechnet, dass es ein Fünftel der Transportunternehmen bis Jahresende nicht mehr geben wird. Und auch dann gehen alle mit einem dicken blauen Auge aus der Sache heraus: Die Nutzfahrzeughersteller hatten im März einen Umsatzrückgang um 47 %. Bei Daimler ist der Gewinn im ersten Quartal 2020 um 78 % auf 617 Mio. Euro zurückgegangen. Hier müssen allerdings neben der Corona-Krise auch andere Faktoren berücksichtigt werden, denn ein Rückgang der Wirtschaftsaktivitäten zeichnete sich schon vorher ab. Auch Sondereffekte wie etwa Kosten der Dieselaffäre haben sich negativ auf die Gewinnentwicklung ausgewirkt. Der Absatz ging im ersten Quartal 2020 im Vergleich zum gleichen Zeitraum des Vorjahres um 15 Prozent zurück. Der Gewinn war schon 2019 deutlich zurückgegangen, und das ohne Corona-Virus. Dabei ist besonders überraschend, dass man in Firmen wie dieser überhaupt keine Einschätzung über die künftige Entwicklung hat. Weltkonzerne fahren hier sozusagen auf Sicht. Das lässt für die Zukunft unserer Wirtschaftsstandorte nichts Gutes erahnen. Auch die Lufthansa stochert im Nebel: 10.000 Stellen sollen gestrichen werden, aber man fragt sich doch, auf welcher Prognosegrundlage diese Menschen eingestellt worden sind.
Was kann man glauben?
Prognosen über die Auswirkungen der Corona-Pandemie sind mit größter Skepsis zu bewerten, denn viele Akteure verfolgen mit ihrer Informationspolitik Eigeninteressen. Regierungen wie die chinesische halten die Wahrheit unter dem Teppich, weil sie unter der sonst auftretenden weltweiten Panik ihre langfristigen Ziele nicht umsetzen können, beispielsweise den Kauf von Gold zu akzeptablen Preisen. Hätten die Chinesen freien Zugang zu wirklichkeitsnahen Informationen aus Wuhan, gäbe es bereits die offene Revolution in diesem Land. Länder wie Deutschland, die seit Jahrzehnten sehenden Auges ihr eigenes Gesundheitswesen austrocknen lassen, versuchen die Menschen in falscher Sicherheit zu wiegen. Organisationen wie die WHO geben wenig realistische Prognosen ab. Ein Beispiel: Seit Mitte Februar veröffentlichte China frisierte Infektionszahlen. Seit dem letzten Februardrittel geben in den Statistiken die nicht-chinesischen Länder den Ausschlag, und seither verlief die Infektionskurve wieder erwartungsgemäß. Daran kann man ablesen, dass einerseits die Eindämmung der Krankheit nahezu ausgeschlossen ist, andererseits jedoch im April überall ein deutlicher Rückgang zu erkennen war. Fachleute wie der leitende Virologe der Berliner Charité, Christian Drosten, verweisen darauf, dass die Ausbreitung der Krankheit erst dann zum Stillstand kommt, wenn bereits zwei Drittel der Bevölkerung infiziert worden sind und dadurch Immunität erworben haben. In diesem Zusammenhang spricht man von der „Durchseuchung“ der Bevölkerung. Bei der jüngeren Generation soll diese über den Sommer dieses Jahres laufen. Die Altersgruppe jenseits des Rentenalters steht nach Aussage des Virologen einer Sterblichkeitsrate von 20 bis 25 % gegenüber. Dabei wird allerdings sehr in Zweifel gezogen, ob wirklich jeder, der mit Corona, auch wirklich an Corona gestorben ist. Die wesentliche Ursache für die starke und plötzlich auftretende Verbreitung des Virus liegt in der sehr langen Inkubationszeit von zwei bis vier Wochen. In dieser Zeit tragen Infizierte das Virus in sich und geben es weiter, spüren aber selbst noch gar keine Symptome der Erkrankung. Sie werden daher in dieser Zeit auch noch nicht den Infektionsfällen zugerechnet. Flächendeckende Tests der Gesamtbevölkerung, die einzige wirksame Maßnahme gegen die rasante Ausbreitung der Krankheit, sind nicht finanzierbar und werden deshalb nirgendwo durchgeführt.
Schwierige Zukunft
Die Transportbranche in Österreich steht, wie alle anderen Menschen auch, vor einer Reihe von Problemen, die mit der Erkrankung in Verbindung stehen. Darüber hinaus haben die Unternehmen und Fahrer mit unmittelbaren Geschäftseinbußen zu ringen, die sich aus drei Ursachen ergeben:
Die Wirtschaft geht generell zurück, national und international, weil die Nachfrage einbricht. Menschen, Städte, ganze Regionen und Länder werden unter Quarantäne gestellt, die Mobilität nimmt ab, außer Lebensmitteln und medizinischen Gütern wird nicht mehr viel gekauft.
Auch die Angebote brechen ein, weil die Lieferketten abreißen und Produkte nicht mehr erzeugt werden können. Firmen werden von Infektionen heimgesucht, Mitarbeiter sollen von zuhause aus arbeiten – in der Produktion geht das nicht.
Konkrete Beschränkungen unterbinden Teile des Transportwesens. Das betrifft Dinge, die zwar angeboten und auch nachgefragt werden, die aber aufgrund von Grenzschließungen oder dem Aussetzen von Flugverbindungen nicht mehr transportiert werden können.
Zwar könnten viele der Güter, die nicht mehr per Flugzeug transportiert werden, auf die Straße verlagert werden, doch betrifft dies überwiegend internationale Verbindungen, die ihrerseits durch Grenzschließungen unterbunden werden. Somit bleibt dann auch vieles von dem liegen, was eigentlich noch zu transportieren wäre. Und der von einigen angenommene „Nachholeffekt“, der in der zweiten Jahreshälfte, wenn das Virus vermeintlich besiegt sein sollte, für Bombengeschäfte sorgen wird, kann von der Transportwirtschaft nicht voll ausgeschöpft werden. Denn deren Kapazitäten werden heute nicht ausgeschöpft, zu jenem späteren Zeitpunkt sind sie aber nach oben begrenzt. Das bedeutet: Was jetzt leer bleibt, kann morgen nicht doppelt beladen werden.
Eins bringt das andere
Zu den Schwierigkeiten, die sich aus dieser Situation für die Transportwirtschaft ergeben, gehören einerseits Lohnfortzahlungen bei bestehendem Kündigungsschutz, andererseits aber auch gleichbleibende Belastungen durch Kredite und Flottenleasing. Daneben ist, nachdem die Schulen geschlossen wurden, schon deswegen mit dem weitgehenden Stillstand der österreichischen Wirtschaft zu rechnen, weil sich viele Elternteile, die im Handel arbeiten, dann um ihre Kinder kümmern müssen. Dies betrifft überwiegend Frauen. Davon sind vor allem Supermärkte betroffen. Hier konnte es zu Folgewirkungen kommen, die ebenfalls auf die Transportwirtschaft durchschlagen. Die harten Maßnahmen der Regierung, mit der das Wirtschaftsleben fast vollständig ausgebremst wurde, haben die Effekte dann noch weiter erhöht. Transportunternehmen, die sich auf die weitere Entwicklung dieser Krankheitskrise vorbereiten wollen, sollten alle Möglichkeiten prüfen, bestehende Kostenbelastungen so weit wie möglich zu reduzieren. In Kredit- und Leasingverträgen sollte man nach Ausstiegsklauseln und Ausfallversicherungen suchen. Nicht notwendige Investitionen sollten nach Möglichkeit zurückgestellt werden, damit nicht Gelder gebunden werden, die anderweitig besser zu verwenden sind. Die Rufe nach staatlichen Förder- und Rettungsmaßnahmen werden lauter, sie werden auch gehört – aber auch Staaten und letztlich auch die EZB haben nicht unbegrenzte Möglichkeiten. Und selbst wenn weitreichende finanzielle Maßnahmen eingeleitet werden, so werden sie unausweichlich die Währungen entwerten und zur Inflation führen, die spätestens dann einsetzen wird, wenn sich die Wirtschaft nach dem Durchzug der Corona-Pandemie wieder erholt.
Und das ist noch nicht alles
In diesem Zusammenhang ist auch ein Vergleich mit der Spanischen Grippe von 1918/1919 angeraten, auch wenn sich beide Krankheiten in mehreren Punkten unterscheiden. Von Belang ist hier, dass die Spanische Grippe im Abstand von mehreren Monaten in drei Wellen auftrat, von denen die zweite und die dritte wesentlich heftiger wüteten als die erste. Auch wenn noch häufig behauptet wird, die aktuelle Seuche werde sich ab April abschwächen, sollte man sich darauf vorbereiten, dass es in diesem Fall ein Wiedersehen mit dem Corona-Virus ab Herbst 2020 und möglicherweise ein weiteres im nächsten Jahr geben wird. Bei einer adäquaten Vorbereitung auf die vollen Auswirkungen dieser Krankheit und ihrer Folgen für die Wirtschaft kommt es darauf an, sich auch auf möglicherweise auftretende weitere Krankheitswellen einzustellen. Vorbereiten sollte man sich tunlichst auch auf einschneidendere Restriktionen und Reglementierungen der verschiedenen Regierungen. Sie werden – hoffentlich mit guten Intentionen, aber das ist nicht garantiert – auch in Zukunft weitreichende Verordnungen und Beschränkungen erlassen, die weit in die Lebensgestaltung jedes einzelnen Bürgers, aber auch der Unternehmen eingreifen werden. Dies kann arbeitsrechtliche Vorschriften, aber auch Mietpreisbeschränkungen, Sonderabgaben und sogar Arbeitsverpflichtungen umfassen. Die Regierungen der Staaten sehen sich mit einer Situation konfrontiert, die schnelles und entschiedenes Handeln erforderlich macht. Einiges deutet darauf hin, dass die Ausgestaltung dieses Durchregierens in vielen nationalen Alleingängen erfolgen wird, weil die EU-weite Abstimmung von Maßnahmen erstens zu viel Zeit beansprucht und zweitens erfahrungsgemäß nicht zu den besten Lösungen führt. Interessanterweise zeigte sich dies schon besonders früh an den Binnengrenzen der EU, wo kurzerhand wieder Grenzkontrollen eingeführt werden konnten, obwohl beispielsweise die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel behauptete, der Schutz der deutschen Grenzen sei gar nicht möglich. Das Corona-Virus hat innerhalb weniger Tage im März gezeigt, dass er sehr wohl möglich ist.
Anpassung kann helfen
Auch wenn die Perspektiven für die heimische und internationale Wirtschaft in Zeiten des Corona-Virus sehr düster sind, liegt die Lösung für Unternehmen wahrscheinlich in der bestmöglichen Anpassung an die neue Situation. Grenzkontrollen und Restriktionen, Umsatzeinbrüche und Unwägbarkeiten gab es auch früher schon – die Frage ist jetzt, wie man sich am besten darauf vorbereitet.
Es ist auch nicht alles düster – wo die einen zu leiden haben, können sich andere gar nicht beklagen. Ende April sieht es im Frachtbereich des Frankfurter Flughafens ganz großartig aus. Die Passagierfliegerei ist am Boden, aber das Frachtgeschäft hebt gerade ab. Schutzmaterialien und Produkte für die Industrie erfreuen sich deutlich steigender Nachfrage. Zwar macht sich das Fehlen der Transportkapazitäten bemerkbar, die von den Passagiermaschinen kommt, umso stärker ist der Nachfragerückstau, und dann werden eben Passagiermaschinen für Frachtflüge verwendet. So flog Condor erstmals 20 t Melonen aus Martinique. In der Woche vor Ostern gab es in Frankfurt am Main 610 Frachtflüge, ein Drittel mehr als im Jahresdurchschnitt 2019. Dabei ging die Frachtmenge im März um 17,4 % im Vergleich zum gleichen Zeitraum des Vorjahres zurück. Die Verknappung des Frachtraums hat zu einem deutlichen Preisanstieg geführt, teilweise um 200 bis 300 %. Inzwischen wurde der Frachtflug nach China wieder voll hochgefahren, teilweise mit Passagiermaschinen, auch vom Flughafen Wien aus.
Importiert werden natürlich vor allem Schutzmasken, aber auch die IT-Branche verzeichnet einen deutlichen Umsatzanstieg, und zwar aufgrund des neuen Trends, zuhause zu arbeiten. Bei Modeartikeln hingegen brechen die Importe ein, sie werden aus Asien entweder gar nicht mehr importiert oder auf dem langsamen Seeweg transportiert. Exportiert werden Maschinen- und Autoteile. Das Personal wurde kurzerhand für die Adaptierung der Passagiermaschinen herangezogen, in denen etwa die Sitze mit Folien bedeckt und dann mit Paketen vollgestapelt werden. Die Mitarbeiter fahren Zusatzschichten, Kurzarbeit gibt es hier nicht.
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