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Globale Abhängigkeit

Preisanstieg, eingeschränkter Transport, teure Energie: Anzeichen einer Krise?


Containerkrise Corona

Während der Corona-bedingten Einschränkungen des vorigen Jahres war die Perspektive klar: Wenn alles wieder losgeht, dann läuft es wieder. Nicht wenige sprachen sogar von Nachholeffekten: Was nicht transportiert wurde, wird eben dann transportiert werden. Man stellte sich auf eine gar nicht so ungewisse Zeit danach ein. Inzwischen sind drei COVID-Wellen vorüber, aber die Perspektiven haben sich nicht wesentlich verbessert. Und das, obwohl die Wirtschaft in vielen Ländern brummt. Wie kann das sein?


Nach der Pandemie blieben bis heute zahlreiche Einschränkungen des Alltagslebens bestehen, wurden entzogene Grundrechte nicht vollständig wiederhergestellt und bricht sich nach und nach eine Art Impfnötigung Bahn, die immer deutlicher in Richtung Impfzwang tendiert. Aus der Politik lässt sich bereits die Prognose vernehmen, die Geimpften würden dereinst die Ungeimpften disziplinieren – ein mehr als bedenkliches politisches Konzept. Schon wird offen diskutiert, ob man Ungeimpfte vom gesellschaftlichen Leben ausschließen soll, dabei war das Recht über den eigenen Körper vor gar nicht langer Zeit unbestrittener Konsens.


Entscheidend ist hier nicht, wie man individuell zur Impfung steht, sondern die Öffnung läuft je nach Land mit ganz unterschiedlichen Geschwindigkeiten ab. Wenn man bedenkt, wie eng verzahnt das weltweite Wirtschaftsgefüge inzwischen ist, dann ist leicht nachzuvollziehen, dass eine ganze Lieferkette zum Stillstand kommt, wenn es irgendwo hakt. So klagte man kürzlich in Italien, dass nicht genügend Konserven für die anstehende Tomatenernte aufzutreiben sind. Der Grund für diesen Mangel liegt darin, dass die Stahlwerke ihre Produktion heruntergefahren haben und Metall Mangelware geworden ist. Ein schlauer Logistiker könnte sich einen wirklich guten Auftrag sichern, wenn er bereit wäre, eine andere Dosenquelle aufzutun. In Südafrika, einem Land mit sehr guter Lebensmittelversorgung, hängt die Transportsicherheit direkt von den Treibstoffpreisen ab, weil man dafür die Straßen nutzt. Wer dort die Versorgung sabotieren will, der schneidet sie von der Treibstoffzufuhr ab.


Zwei Beispiele unter vielen, die zeigen, dass es an Details hängen kann. So ist etwa der weltweite Containerverkehr durch Stillstände und Nichtverfügbarkeit betroffen, die wiederum mit COVID zusammenhängen. Hieran zeigt sich, dass die Pandemie das Wirtschaftsleben weit mehr beschädigt hat, als man zunächst annehmen wollte. Denn es braucht nur irgendwo wieder ein Infektionsgeschehen auszubrechen, schon wird der jeweilige Abschnitt geschlossen und steht dann vorläufig nicht mehr zur Verfügung. Ersetzen kann man ihn auch nicht so leicht, weil die weltweiten Handelssysteme nicht redundant ausgelegt sind. Dabei hatte 2020 die Überlegung die Runde gemacht, man müsse die Abhängigkeit von den globalen Lieferketten verringern. Als sich die Lage scheinbar aufhellte, war davon nicht mehr die Rede. Jede Maske und jeder Schnelltest kommen heute aus China. Die globalen Abhängigkeiten wurden wahrscheinlich noch größer als zuvor.


Hinzu kommt ein weiterer Aspekt, nämlich der einer echten Verknappung. Die Preise von Bauholz sind in den vergangenen Monaten rasant in die Höhe geschossen, weil China das Material hemmungslos aufkauft. Kleine Abnehmer haben kaum eine Chance, Bauholz zu bekommen – wie auch viele andere wichtige Rohstoffe. Das schlägt bis in die heimische Wirtschaft durch: Viele Erzeugnisse sind im inländischen Baustoffhandel kurzfristig überhaupt nicht verfügbar. Wer Architekten nach der Kalkulationssicherheit von Neubauprojekten fragt, der bekommt zur Antwort, dass die Preise völlig unsicher sind. Ein Blick über die Städte und Dörfer in Österreich zeigt: Viele Menschen haben sich entschlossen, Renovierungen an ihren Häusern durchzuführen. Überall wird gesägt und gehämmert, aber die Materialversorgung ist fragil.



Das Angebot verengt sich


Gleiches gilt auch für die Industrie: Seltene Erden und Magnetmetalle etwa, die vor einigen Jahren ein großes Zukunftsthema waren und von denen seit geraumer Zeit – seltsamerweise – niemand mehr spricht, wurden vom Reich der Mitte mit Ausfuhrbeschränkungen belegt. Alle möglichen Investitionsprojekte für erneuerbare Energien laufen auf einen Nachfrageanstieg hinaus, der die Preise explodieren lassen wird. Aufgrund dieser beiden Ursachen zogen die Preise unbemerkt dramatisch an, ein Ende ist nicht in Sicht. Was jedoch noch wichtiger ist: Weil die künftige Nachfrage gar nicht befriedigt werden kann, werden sich nicht alle geplanten Projekte umsetzen lassen. Nächstes Beispiel: Das wichtige Industriemetall Silber ist zwar zu beschaffen, aber nur mit enormen Aufschlägen auf den Börsenpreis. Auch hier waren die Lieferketten durch Corona gerissen.


Auch im Lebensmittelbereich verschärft sich die Verknappung dramatisch: Arabica-Kaffee aus Brasilien markiert aufgrund von Ernteausfällen ein Sechsjahreshoch. In Australien sehen sich die Landwirte nach vergangenen Dürren und Überschwemmungen einer gigantischen Mäuseplage gegenüber. Millionen der Tiere sind dabei, die Ernte zu vernichten. Gleichzeitig sind jene Regionen der USA, in denen vor allem Rinder gezüchtet werden, von akuter Wasserknappheit bedroht, was zu einem deutlichen Rückgang der Fleischerzeugung führen wird. Umweltschutzauflagen führen dazu, dass weniger Wasser in die Landwirtschaft geht, weil es für Naturschutzgebiete reklamiert wird. Es kommen also ständig von überall auf der Welt Meldungen, aus denen man vor allem eines ablesen kann: Verknappung!



Das Gleiche beim Erdöl


Auch im Energiebereich ist es nicht anders. Der Preis von Erdöl hat sich seit Herbst 2020 glatt verdoppelt. Das beeinflusst nicht nur die Teuerungsraten aller öl- und energieabhängigen Waren, sondern schlägt auch unmittelbar auf die Unternehmensausgaben jedes einzelnen Transportunternehmens durch, auch wenn die Treibstoffpreise an den Tankstellen die Preisentwicklung des Rohöls nicht eins zu eins abbilden. Aber warten Sie es ab: Benzin und Diesel werden in den nächsten zwei Jahren wahrscheinlich deutlich anziehen.


Oelpreisentwicklung

Auf der einen Seite gibt es also überall immer deutlicher hervortretenden Mangel, auf der anderen Seite wurde in allen führenden Industriestaaten die Geldmenge dramatisch erhöht. Beides zusammen kann zu keinem anderen Ergebnis führen als Inflation – und zwar nicht von etwa 2 %, wie es gelegentlich thematisiert wird, sondern auf lange Sicht mit einer Null dahinter. Ist dieser Geist erst einmal aus der Flasche, wird sich diese Entwicklung nicht mehr so leicht bremsen lassen. Pessimisten befürchten einen totalen Währungszusammenbruch als Teil eines geplanten „Resets“. Auf der anderen Seite stehen die Befürworter von „MMT“ (Modern Monetary Theory), die sagen, dass es im Grunde egal ist, wie viel Geld gedruckt und ausgegeben wird, weil der Staat nicht pleite gehen kann. Sie meinen, dass es richtig ist, das für bestimmte Maßnahmen benötigte Geld einfach neu zu erschaffen. Man wird sehen, wer am Ende richtig liegen wird – erfahrungsgemäß führt künstlich angeschobene Inflation nicht zu mehr Wohlstand, sondern zu Verarmung und sozialen Unruhen. In Venezuela konnte man das vor einigen Jahren beobachten, als dort genau dieses sozialistische Experiment durchgeführt wurde. Seither herrscht dort totales Chaos.



Was tun gegen Inflation?


Gegen Inflationsrisiken könnte sich eine Absicherung durch Termingeschäfte empfehlen, wenn man Geschäftspartner findet, die zur vertraglichen Vereinbarung zukünftiger Geschäfte bereit sind. Das Risiko solcher Verträge liegt wie immer im Ausfallrisiko. Wer der Geldentwertung zuvorkommen will, ohne Vertragsrisiken tragen zu müssen, sollte sich einmal überlegen, ob nicht bestimmte Anschaffungen oder Investitionen vorgezogen werden könnten. Damit ist nicht unbedingt die Anschaffung weiterer Fahrzeuge gemeint, denn diese benötigen für ihre Wirtschaftlichkeit auch eine stabile Auftragslage. Vielmehr könnten Modernisierungen, Nachrüstungen, Abbiegeassistenten, Personalschulungen usw. geplant werden.


Gleiches gilt für Bevorratung, beispielsweise mit Treibstoff oder regelmäßig nachgefragtem Transportgut. Moderne und geräumige Lagerhallen könnten heute eines der besten Investments darstellen. Und falls all diese Möglichkeiten für Sie nicht in Betracht kommen, dürfte es sich jedenfalls lohnen, mit dem Steuerberater zu erörtern, ob man als Transportunternehmen zur Absicherung Gold und Silber kaufen kann („gewillkürtes Betriebsvermögen“). Gegenüber Geld auf der Bank ist das aller Voraussicht nach sicherer.


Transport wird jedenfalls teurer, sowohl weltweit als auch in Österreich. Der von Harper Petersen & Co. veröffentlichte Index Harpex stieg innerhalb eines Jahres von 412 auf 3.549 und ein Ende dieser explosiven Bewegung ist nicht abzusehen. Auf manchen Strecken sind bis zu 13.000 $ für einen 40-t-Container zu bezahlen. Auch die Container selbst sind Mangelware, ihre Herstellungspreise schießen ebenfalls nach oben. Wie die Hellenic Shipping News berichteten, dürften Hafenstaus, Blockaden und in der Folge höhere Frachtraten ein ganz bestimmendes Thema im ersten Halbjahr 2022 sein. Hierbei spielt Corona dann doch auch weiterhin eine wesentliche Rolle, weil die Krankheit, wenn sie in Häfen ausbricht, dort erstmal zum totalen Stillstand führt.



Was hat das mit uns zu tun?


Man kann sich natürlich als Transportunternehmen fragen, ob der Harpex oder der Baltic Dry Index (Frachtraten) einen wirklich betrifft oder nicht. Denn es gibt ja auch einen starken Trend zur Regionalisierung und damit zu kürzeren Wegen. Man darf dabei jedoch nicht die Gesamtsituation aus dem Blick verlieren: Der europäische Güterverkehr ist ein wesentlicher Baustein innerhalb weltweiter Lieferketten. Wenn der Container aus Fernost nicht da ist, dann kann man seinen Inhalt auch nicht weitertransportieren. Außerdem geht es dabei ja auch um den Transport von Rohstoffen und Materialien, aus denen europäische Unternehmen ihre Erzeugnisse herstellen. Kommt nichts herein, dann kommt auch nichts heraus. Daneben spielen die Containerpreise auch eine gewaltige Rolle für die Preise der Enderzeugnisse und beeinflussen damit eines der wesentlichen Entscheidungskriterien für deren Anschaffung.


Folgende Aspekte spielen also zusammen:

1. Das weltweite Warenangebot verknappt sich.

2. Der Transport von Gütern und Waren verteuert sich.

3. Die Betriebsausgaben der Frachtunternehmen erhöhen sich (Energie, Fuhrpark).


Ein weiterer Aspekt, der noch nicht berücksichtigt wurde, sollte ebenfalls Gegenstand unternehmerischer Überlegungen sein: Gibt es eigentlich noch genügend Fahrer für die anstehenden (oder verbliebenen) Transportaufgaben? In anderen Branchen ist es ja so, dass sich viele Mitarbeiter aus der Kurzarbeit heraus nach anderen Wirkungsmöglichkeiten umgesehen haben und deshalb verschwunden sind. Flächendeckend ist dies zB in der Gastronomie festzustellen. Entscheidend ist also, ob ein Unternehmen seine Mitarbeiter überhaupt bei der Stange halten konnte. Nebenaspekt: Verschiedene Förderungen der staatlichen Hilfsfonds sollten Anreize setzen, keine Mitarbeiter zu entlassen. Wer es sich während der Pandemie vielleicht einfach gemacht und seine Leute nach Hause geschickt hat, der könnte sich nun in der Situation wiederfinden, nicht so schnell neues geeignetes Personal zu finden.



Chancen in der Krise


Der Personalstand ist die eine Seite, der Bedarf des Marktes die andere. Denn im Bereich der Personenbeförderung ist dann auch nach wie vor unklar, ob die Zeit nach Corona denn besser oder schlechter sein wird. Besser, weil die Menschen den Inlandstourismus wiederentdecken. Hier könnten Busfirmen wirklich prosperieren. Schlechter, weil an der nächsten Staatsgrenze schon wieder Schluss sein kann und weil ein einziger COVID-positiver Reisegast zu einer wochenlangen Betriebsschließung führt.


Diese Entwicklungen dürften den Konzentrationsprozess der Branche weiter begünstigen, denn größere Firmen verfügen in der Finanzplanung über mehr Spielraum. Andererseits sind kleinere Unternehmen wendiger, sie können schneller auf Chancen reagieren und Risiken ausweichen.


Von besonderer Bedeutung ist dabei der Blick über den Tellerrand hinaus: Bleiben wir immer auf ein starres Leistungsangebot festgelegt oder kann es auch einmal etwas anderes sein? Wie sieht die weltweite Entwicklung des Transportwesens aus und welche Chancen und Risiken ergeben sich daraus für mein Unternehmen? Wie ist die Inflationsentwicklung einzuschätzen und wie kann man sich darauf am besten einstellen? Die Zeiten sind schwierig, aber es sind immer die schwierigen Zeiten, in denen sich auch besondere Chancen ergeben.


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