Achterbahnfahrt vieler Metalle stört die Planungssicherheit
Der Stahlpreisindex hat sich zwischen 2016 und 2022 glatt verdreifacht. Kupfer legte vor einiger Zeit einen starken Anstieg hin, Uran befindet sich im Aufwärtstrend, Nickel und Aluminium bildeten im Jahr 2022 Preisspitzen aus, vor einigen Jahren stiegen Neodym, Dysprosium und Terbium extrem an, Silber ist für seine Schwankungen berüchtigt und Rhodium bewegt sich so extrem, dass es inzwischen gar nicht mehr frei gehandelt wird. Das hat Folgen für jeden, vor allem aber für mittelständische Unternehmen, deren Planungen mehr und mehr in den weichen Bereich der Schätzungen geraten. Und es hat Folgen für Prognosen hinsichtlich der Inflation, der Energiekosten und der Machbarkeit jeglicher Energiewende. Mittelständische Unternehmen müssen sich überlegen, wie sie damit umgehen können.
Betrachtet man als eines der bedeutendsten Beispiele Kupfer, den wichtigsten Rohstoff für alles, was mit Elektrizität zu tun hat, wird deutlich: Wer heute Kostenplanungen für Stromtrassen erstellt, wird sie in wenigen Wochen überarbeiten müssen. Für den Ausbau des strombetriebenen Straßenverkehrs braucht man jede Menge Kupfer, und von seiner Preisentwicklung hängt ab, ob das Projekt innerhalb der Kostenplanung bleibt oder nicht. Ähnlich ist es mit Beton, wobei bereits von der Verknappung von Bausand die Rede ist, und Stahl, dessen Preis sich allerdings etwas ruhiger in seiner Zyklik bewegt. Stahl und Aluminium werden für den Fahrzeugbau verwendet, für Kräne, Aufbauten und vieles mehr. Für Elektroantriebe werden Magnetmetalle wie Neodym benötigt, in der Elektronik kommt Silber zum Einsatz, in den Batterien Lithium und Kobalt. Bildschirme, Lasersysteme, LED-Anzeigen und zahllose weitere Errungenschaften der modernen Industrie werden mit Seltenen Erden und Technologiemetallen erzeugt. Die Rohstoffpreise steigen auf breiter Front.
China hat das bessere Blatt
Auch die Preise für Energie und Arbeit – ebenfalls wichtige Rohstoffe im Wirtschaftsgefüge – steigen seit Jahren deutlich an. Ungefähr seit der Corona-Krise, als die Preisanstiege vieler Güter mit Lieferkettenproblemen begründet wurden, weist der Trend eindeutig nach oben. Es gibt dafür verschiedene Gründe, einer der wichtigsten ist in der aktuellen Weltpolitik zu finden. China verfügt nicht nur über bedeutende Lagerstätten verschiedener wichtiger Rohstoffe, sondern auch über die Aufbereitungsanlagen und das dazugehörige Spezialwissen. Im Zuge der laufenden wirtschaftlichen Konfrontation (Strafzölle) ist es nur eine Frage der Zeit, wann das Reich der Mitte seine Lieferungen stoppt. Daran ändern auch die Sensationsmeldungen über die Entdeckung bedeutender Lagerstätten in Nordeuropa nichts, denn es dauert viele Jahre, bis die einmal erschlossen sind und ihre Produktion aufnehmen. Auch die Sanktionen gegen Russland haben zu einem Anstieg der Rohstoff- und Energiepreise beigetragen, ohne dass sie den Krieg beendet hätten.
Bei nicht wenigen Rohstoffen ist außerdem ein Rückgang der Ressourcen absehbar: Das Bewusstsein über die Endlichkeit unserer Vorräte hat nicht gerade zu einem sparsameren Verbrauch geführt, sondern im Gegenteil zu einem exzessiven Raubbau an dem, was für die Energiewende und Planetenrettung wichtig zu sein scheint. Die Situation, die man beheben will, wird also durch diese Maßnahmen noch verschärft: Klimarettung ist so gesehen nicht Teil der Lösung, sondern Teil des Problems. Vor dem Hintergrund weltweiten Wirtschaftswachstums und einem neuen Aufschwung der Industrieproduktion mit Schwerpunkt in rohstoff- und energieintensiven Sektoren tragen niedrige Lagerbestände und wenig Lieferkapazität erheblich zu einer Art Mangelsituation bei, die zwangsläufig zu steigenden Preisen führt. Die dadurch verstärkte Materialverknappung ist die eine wichtige Ursache des Preisanstiegs bei Rohstoffen. Die andere liegt in der Unsicherheit über die Zukunft der Wirtschaftsentwicklung.
Rohstofftrends als Preistreiber
Die teilweise sehr starke Schwankungsbreite wichtiger Rohstoffe kann außerdem auf bestimmte Trends in der Berichterstattung zurückgeführt werden. Als Uran anstieg, wurde das bald von zahlreichen Börsenmedien aufgegriffen, deren Leser dann auf den Zug aufsprangen und den Anstieg noch verstärkten. Bei Kupfer verhält es sich ähnlich: Es ist das Schlüsselmetall für die Elektrifizierung des Straßenverkehrs, die Nachfrage wird aber auch durch die Digitalisierung erhöht. Für mehr Computer, mehr Künstliche Intelligenz und mehr Bitcoin benötigt man immer mehr Strom, und es reicht nicht, ihn nur zu produzieren. Nicht wenige Spekulanten und Investoren arbeiten systematisch mit Rohstoffen, wodurch deren Preisbewegungen weiter verstärkt werden: Steigen oder fallen sie, ziehen diese Händler und Fonds mit. Das kann dramatische Preisspitzen verursachen, auch wenn es in anderen Fällen zu einem gegenläufigen Effekt kommen kann, nämlich der Abschwächung von Übertreibungen. Insgesamt befinden wir uns aber in einer Phase, in der sich die Preise für Rohstoffe durchweg sehr deutlich nach oben schieben. Kupfer, Silber, Lithium, Kobalt, Uran, aber auch Graphit, Seltene Erden und Technologiemetalle werden immer wichtiger, und zwar unabhängig davon, ob die nächste große technische Revolution wirklich grün ist oder nicht. Manche von ihnen werden in den verschiedensten Bereichen eingesetzt, weitere werden in den nächsten Jahren und Jahrzehnten erschlossen. Die starken Preisschwankungen einiger Rohstoffe hängen mit kurz- und mittelfristigen Einsatzmöglichkeiten zusammen.
Fatalerweise führen steigende Preise nicht automatisch zu einer Erhöhung der Produktion. Es dauert viele Jahre, bis neue Vorkommen entdeckt, erschlossen und entwickelt werden. Die Bank of America spricht bereits von einer Kupferversorgungskrise und führt aus, das knappe Angebot an Kupferminen schränke die Raffinadeproduktion zunehmend ein. Hier wirkt sich der Mangel an Minenprojekten unmittelbar auf die Versorgungslage aus.
Herausforderung für die Unternehmen
Für kleine und mittlere Unternehmen bedeutet all das in erster Linie steigende und vor allem unberechenbare Preise für Industriegüter aller Art, steigende Preise für Strom und Treibstoffe, steigende Lohnkosten (weil auch die Arbeitnehmer mehr Geld für Waren ausgeben) und folglich steigende Kalkulationen, die den Kunden erklärt werden müssen. Die Politik wird diese Schwierigkeiten auf die gewohnte Weise abzufedern versuchen, also durch höhere Ausgaben, Erhöhung der Geldmenge (also Geldentwertung) und Umverteilung auf Kosten der Steuerzahler. Das Wirtschaftstreiben wird sich insgesamt weiter verteuern, auch die Abwanderung in günstigere Nachbarländer wird dieses Problem nicht vollständig lösen, weil auch dort die Preise steigen.
Wie Firmen auf diese Situation reagieren können, hängt von der Art ihrer Geschäftstätigkeit ab. Produzierende Unternehmen sollten die Preisentwicklung genau beobachten und die von ihnen benötigten Rohstoffe dann kaufen, wenn sie vergleichsweise günstig sind. Dafür können auch Terminkontrakte genutzt werden, sofern sich dadurch günstige Konditionen erzielen lassen. Fracht- und Fuhr- sowie Bauunternehmen, die bestimmte Fahrzeuge und Maschinen kaufen müssen, können ebenfalls versuchen, günstige Zeitpunkte für die notwendigen Anschaffungen zu finden. Wenn sich zB ein Vertrag vorziehen lässt, das Fahrzeug jedoch erst zum gewünschten Termin geliefert wird, kann man dadurch einer Preiserhöhung entgehen und schon früher mit der steuerlichen Abschreibung beginnen, was sich in einem umsatzstarken Jahr steuermindernd auswirken kann. Unternehmen, die für ihren Geschäftsbetrieb Rücklagen bilden, sollten vielleicht prüfen, ob Euro-Guthaben auf Bankkonten dafür wirklich das sicherste Instrument sind. Für den laufenden Geschäftsbetrieb sind sie natürlich unverzichtbar, aber als längerfristiges Vermögen sind sie gewissen Gefahren ausgesetzt (zB Bankpleite, Geldentwertung), während Rohstoffe und Edelmetalle ihren realen Wert nicht nur erhalten, sondern zuweilen erhöhen. Ob und wie solche Modelle implementiert werden können, sollte mit dem Steuerberater bzw. dem Finanzamt besprochen werden, eine denkbare Möglichkeit ist die Schaffung von „gewillkürtem Betriebsvermögen“.
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